Müssen Hass und Hetze in der Politik ausgehalten werden? Nein. Im Gegenteil: Hier müssen wir gemeinsam aktiv werden. Doch woher kommt der Hass, worin unterscheiden sich Ursachen und Erlebbares? Wichtig ist: Es fängt nicht erst beim Straftatbestand an. Was wir brauchen, ist ein grundsätzlich verletzungsfreier Raum.
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Wahlkampf in der Hauptstadt: Berlins Verkehrssenatorin Jarasch findet im Februar diesen Jahres in einem an sie gerichteten Umschlag eine Patrone. Zudem liegt ein Brief bei, er enthält Beleidigungen und Bedrohungen. Es ist ein ganz kleiner Ausschnitt dessen, was in der Politik immer mehr droht zur Normalität zu werden: Hass und Hetze.
Aber auch auf privater und persönlicher Ebene werden Politiker:innen oft zur Zielscheibe, zumal der Raum des Digitalen mit dem Analogen zunehmend verschwimmt. Was wir verstehen müssen: Hier wird ungeachtet unterschiedlicher Ansichten oftmals unsere Demokratie als Ganzes angegriffen. Wer den Diskurs mutwillig zerstört, will ihn im Keim ersticken. Umso wichtiger ist es, dass wir uns die Hintergründe und Zusammenhänge einmal genauer anschauen, um uns vor Hassattacken schützen zu können.
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Hass und Hetze im Netz sind leider allgegenwärtig - umso mehr auf Online-Plattformen, bei denen die Anonymität die Identität der Übeltäter:innen schützt. Zudem verbreiten sich schädliche, hasserfüllte Aussagen und Äußerungen im Netz viel rasanter und finden auch überregional und jederzeit neue Anhänger:innen. Wichtig ist es daher, sich mal genau anzuschauen, was Ursprung und Inhalt von Hass und Hetze sind.
Es gibt im Kern drei Kategorien, entlang derer sich Hass und Hetze zeigen, sowie die Gründe, warum sich Menschen daran beteiligen.
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Politikerinnen sind besonders häufig Opfer einer weiteren Form von Hass und Hetze im Netz: Neben den inhaltlichen Vorurteilen oder Beleidigungen werden Frauen zudem viel öfter wegen ihres Geschlechts, Aussehens und ihrer vermeintlichen Schwächen angegriffen.
Nicht wenige argumentieren, dass sich Politik ohnehin gerne eher maskulin und von klassisch männlich gelesenen Eigenschaften geprägt zeigt. Die konfliktorientierte Debattenkultur in der Politik ist ein gutes Beispiel dafür. Auch im Vokabular sind maskuline Merkmale spürbar: Wahlkampf, Kampfabstimmung, Durchsetzen. Das führt dazu, dass feminine Eigenschaften immer noch von vielen als schwächlich, wenig überzeugend und ungeeignet für die Politik wahrgenommen werden. Da Frauen gesellschaftlich geprägt vermehrt zu femininem Agieren erzogen werden, stoßen viele von ihnen genau damit in der Politik auf Probleme (wie übrigens auch andere feminin geprägte Menschen).
Dazu kommen grundsätzliche Themen im Alltag von femininen Menschen wie Sexismus, Lookismus, Bodyshaming, die sich dann auf eine ganz üble Art mit Rassismus, Xenophobie und auch immer einer Spur Antiintellektualismus verbinden. Ein Beispiel ist die SPD-Politikerin Sawsan Chebli. Mittlerweile reicht ein Bild von ihr auf Facebook und es folgen Kommentare über Aussehen, Herkunft und Geschlecht. Aber auch, wenn etwa Wirtschaftsminister Robert Habeck in Talksendungen mehr erklärt als bevormundet oder Anton Hofreiter es wagt, lange Haare zu haben, wird es schnell unpolitisch.
Im Gegensatz zu Männern geht es bei Frauen daher oftmals gar nicht mehr um ihre Politik. Einziges Ziel der Hassbotschaften ist es vielmehr, jegliche politische Aktivität der angegriffenen Person zu kritisieren, zu verhindern und zu unterbinden. Das Perfide: Während Männer sich oft zumindest argumentativ wehren können, wird Frauen diese Möglichkeit damit geraubt – denn sie können sich ja wohl kaum für ihr Geschlecht entschuldigen.
Beteiligt an dieser Art von Hass ist oft das andere Geschlecht: toxische Männer, die die Angst vor Frauen in Führungspositionen in pure Wut gießen. Sehr problematisch ist die Tatsache, dass in solchen Fällen die Übergriffe vom Digitalen ins Analoge besonders häufig sind. Da Frauen auch als körperlich schwächer und verletzlicher angesehen werden, trauen sich mehr Unruhestifter, sie auch im Privaten anzugreifen, da sie so ihre vermeintliche Überlegenheit noch mehr ausspielen können.
Nüchtern auf die Zahlen geschaut ist zudem festzustellen: Derzeit sind Frauen und Männer oftmals nur dort zu etwa gleichen Teilen tätig, wo eine Frauenquote eingeführt wurde. In anderen Bereichen ist die Verteilung trotz bester Absichten noch sehr unausgewogen. Im Gegenteil: Es gibt Tendenzen, dass es immer weniger Frauen in der Politik gibt, verstärkt in der ehrenamtlichen Kommunalpolitik – bis nicht zuletzt im Deutschen Bundestag.
Diese Reihenfolge ist auch kein Zufall: In Deutschland fangen Spitzenjobs in der Politik meist ganz unten an, weswegen die Kommunalpolitik auch häufig die „Wiege unserer Demokratie“ genannt wird. Der Rückgang des Frauenanteils im Ehrenamt führt wiederum zu einem „femininen Nachwuchsproblem“. Diesem negativen Trend gilt es unbedingt entgegenzuwirken. Damit Frauen weiterhin aktiv am politischen Geschehen im Land teilnehmen und mehr Einfluss haben, müssen sie über Karrierenetzwerke unterstützt werden.
Im Klartext heißt das sonst: Hass und Hetze sind direkte Angriffe auf unsere Demokratie. Hinter jedem Rückzug aus der Politik stehen Dutzende, die laut oder leise darüber nachdenken und Hunderte, die sich gar nicht erst engagieren. Daraus entsteht die Gefahr, dass sich nur noch ein ganz bestimmter Typ Menschen das fortan antut – in einer repräsentativen Demokratie ein haltloser Zustand.
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Zunächst einmal müssen die Begriffe Hass und Hetze per Definition erläutert werden, da es sich aus strafrechtlicher Sicht um unterschiedliche Tatbestände handelt.
Vereinfacht ausgedrückt, ist Hetze die Aufstachelung zum Hass. So werden die Begriffe „Hass“ und „Hetze“ explizit im Straftatbestand der Volksverhetzung verwendet (§130 Strafgesetzbuch).
Hier wird die Anstiftung zum Hass unter Strafe gestellt, wenn sie auf die Störung des öffentlichen Friedens abzielt. Gegenstand dieser Aufstachelung ist die Verachtung gegen eine Einzelperson oder ganze Teile der Bevölkerung wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer nationalen, rassischen, religiösen oder ethnisch bestimmten Gruppe.
Dabei handelt es sich nicht um eine reine Feindseligkeit oder bloße Ablehnung, sondern um eine Art von Verachtung, die darüber hinausgeht und mit konkreten Handlungen verbunden ist. Dabei kann es zu Straftaten, Gewaltandrohungen, Diskriminierung oder Beleidigungen kommen. Bei Politiker:innen sind Falschaussagen, Verleumdung, Stereotypen und Verletzungen besonders problematisch, weil sie ihre gesamte politische Tätigkeit in Frage stellen und gefährden.
Hass und Hetze werden häufig unter dem gemeinsamen Begriff „Hassrede“ oder dem Englischen „Hate Speech“ zusammengefasst, insbesondere im Internet und in den sozialen Medien.
Dies entspricht nicht der Realität. Die Anzeige ist Ihr gutes Recht und kostenfrei, Anklage erhebt nach Ermittlungen wenn dann die Staatsanwaltschaft. Am besten eigenen sich dafür die Online-Wachen der Polizeidienststellen der Bundesländer, wo speziell dafür sensibilisiertes Personal die einzelnen Fälle sichtet und bearbeitet – auch für denn Fall, dass eine lokale Wache mal „überfordert“ ist.
Wie in jedem anderen Lebensbereich gibt es auch in der Politik ein Recht auf einen verletzungsfreien Raum. Das ist so wichtig, wir sagen es einfach nochmal: Es gibt in der Politik ein Recht auf einen verletzungsfreien Raum. Auch wer mit Steuergeldern finanziert wird, muss sich deswegen nichts gefallen lassen. Sichere Räume zu schaffen ist keine Zensur - dazu gehört auch die eigene Seite in den sozialen Medien. Deswegen: Hören wir mir Ausreden auf und sagen Nein zu unsachlichen, persönlichen und verletzenden Aussagen jedweder Art – auch übrigens jenen, die das Strafgesetzbuch zulässt.
Wir müssen erkennen, dass es daher eine Gemeinschaftsaufgabe ist, im politischen Alltag grundsätzlich eine gewaltfreie Kommunikation herzustellen. Dies muss sichergestellt werden, unabhängig von den politischen Überzeugungen von Einzelpersonen und von politischen Gruppierungen.
Nehmen wir das eigene Profil in den sozialen Medien: Die eigene Seite ist so ein möglicher Schutzraum, in dem bestimmte Regeln herrschen müssen. Die beste Hilfe ist die Einführung einer sogenannten Netiquette, die klar zu befolgen ist. Wenn diese Verhaltensregeln nicht eingehalten werden, besteht die unmittelbare Folge darin, dass Kommentare und Nachrichten schonungslos gelöscht und deren Absender:innen unerbittlich gesperrt werden.
Dies geschieht in der folgenden Reihenfolge:
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Gerade wenn der Ton eines Austausches im Internet schon zu rau ist, wird oft unterschätzt, wer noch gar nicht mitschreibt. Dabei lesen viele Nutzer:innen zunächst nur still mit und bilden sich dabei ebenfalls eine Meinung. Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein und sich die Beteiligung der Community zunutze zu machen.
Wer die Netiquette und gewaltfreie Kommunikation im Schutzraum durchsetzen will, muss Geduld haben. Die Effekte treten nicht sofort ein, aber durch konsequentes Handeln über einen langen Zeitraum hinweg lernt die Community, dass hier wirklich gehandelt wird. Auf diese Weise kann man allmählich eine Gemeinschaft aufbauen, die selbst aktiv eingreift, wenn andere hetzen.
Ein konsequentes Vorgehen gegen Hass und Hetze im Netz erfordert eine gute Koordination innerhalb des Teams oder der Organisation. Vor allem in Notfällen muss schnell und richtig reagiert werden.
Die internen Leitlinien enthalten daher Informationen über:
In der Auseinandersetzung mit Hass und Hetze im Netz ist es für Politiker:innen von großer Bedeutung, die eigene Anonymität zu schützen. Es geht nicht darum, etwas zu verbergen oder sich unterkriegen zu lassen und sich vor Angriffen zu verstecken. Vielmehr geht es darum, nicht manipulierbar und nicht kompromittierbar zu sein. Eine stabile Politik braucht ein souveränes digitales Ich. Und dieses entsteht und bleibt erhalten, wenn bestimmte Teile davon vor böswilligen Attacken geschützt bleiben. Lesen Sie mehr darüber hier.
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Das waren jetzt nur einige Beispiele. Grundsätzlich können wir auch nur an alle politisch Aktiven appellieren: Auch wenn Sie mitunter gänzlich anderer Auffassung sind, seien wir solidarisch zueinander. Fragen wir mal nach, wie es uns geht. Hören wir einander mehr zu. Und gehen wir gemeinsam den Weg zu weniger Hass und Hetze.
Wie das in vielen weiteren Feldern gelingen kann, zeigen wir unter anderem auch in unseren Workshops. Machen Sie jetzt Ihren Info-Termin hier unter dem Artikel ⬇️
KOMMEN WIR INS GESPRÄCH