Prozesse statt Technik: Die 3 Grundlagen zur Digitalisierung

Um die Politik erfolgreich zu digitalisieren, fällt immer wieder auf, dass dabei drei konkrete Grundlagen fehlen: Prozesse, Hierarchien und Zeitachsen. Oftmals ist zu erleben, dass wir alle selbst für uns zuständig zu sein scheinen, nicht unterzugehen und nichts zu vergessen. Dabei sollte die Digitalisierung doch alles besser machen. Finden wir heraus, warum sich Politik so schwer tut und warum sie mittels ihrer eigenen Stärken das Ruder rumreißen kann.

Die Politik merkt dieser Tage, dass sie erst jetzt an der wirklichen Schwelle zur Digitalisierung angekommen ist: Obwohl nahezu alles mittlerweile auf Smartphones und Laptops machbar ist, Daten immer mehr digital genutzt werden und Öffentlichkeit zunehmend im digitalen Raum stattfindet, ist die dahinter liegende Arbeit eine permanente Hatz aus Abarbeiten, Besprechen und oftmals schlichtweg Merken. Trotz vieler Technik stehen wir noch ganz am Anfang.


Das Einläuten des Wissenszeitalters durch KI drückt dabei jetzt auch noch auf den Turbo, denn schnell wird klar: Es mögen damit 10 Pressemitteilungen pro Tag spielend leicht erstellbar sein – aber wer soll das prüfen, wer soll das koordinieren, wer soll den Überblick über politische Mitstreitende behalten? Wenn wir so weitermachen wie bisher haben wir zwar ganz tolle Möglichkeiten, uns fehlt es aber komplett an Rahmen und Prozessen, diese zu bedienen oder ihnen begegnen zu können: Denn, wie schon bei den sozialen Medien, ist es nicht so, als könnten wir das alles aussitzen.

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Wie die Digitalisierung über die Politik hereinbrach


Die bisherige Geschichte der Digitalisierung in der Politik ist eine des permanenten Aufholens, Abverlangens und auch Überforderns. Grundsätzlich hat der politische Betrieb nicht darauf gewartet, ständig erreichbar, immer auf Sendung und Inhalte in immer höheren Takten zu produzieren. Entsprechend schwerfällig und durchaus abwehrend ist die Digitalisierung in der Politik zu erleben.


Während Unternehmen im Digitalen neue Geschäftsfelder oder Einsparpotenziale entdeckten und während sich Endverbrauchenden neue Möglichkeiten des sozialen Lebens oder der Freizeitgestaltung boten, fremdelt die Politik bis heute mit dem digitalen Raum. Seien wir ehrlich: Es ging auch prima ohne. Gerade die Politik, in der permanent nach Stabilität der Verhältnisse gerungen wird, um möglichst lange möglichst viel entscheiden zu können, sind neue Fähigkeiten, neue Regeln und neue Machtverhältnisse eher Mittel der Konkurrenz, die es abzuwehren gilt.


Selbst ein grundsätzlicher Mehrwert, bspw. schneller jemanden zu erreichen, war immer auch sofort der Nachteil, für andere öfter erreichbar zu sein. Neue Wählende erreichen zu können, bedeutete auch sofort im Wettbewerb um Aufmerksamkeit zu stehen – zumal die ursprüngliche Stärke aus Mitgliedern, verbündeten Verbänden und starken Persönlichkeiten in der Welt der Apps auf einmal nichts mehr wert war. Die Digitalisierung brach in ein gut strukturiertes System funktionierender Prozesse, Hierarchien und Zeitachsen ein. Und genau diese drei Faktoren sind jetzt auch die Lösung.

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Prozesse: Was, wer und wie kann beeinflusst werden?


Eine der häufigsten Fehler besteht darin, Digitalisierung als eine Anhäufung von technischen Geräten und Diensten zu verstehen. Das ist allerdings der garantierte Weg ins Chaos. Digitalisierung bedeutet vor allem, dass sich neue Möglichkeiten aber auch Anforderungen an die Prozesse präsentieren. Gehen wir das einmal entlang von drei Grundannahmen durch:


  • Zunächst einmal muss registriert werden, was überhaupt beeinflusst werden kann. Oftmals ist in der Politik noch zu vernehmen, dass eine bestimmte Entwicklung nicht gutgeheißen und sich ihrer deshalb so lange wie möglich verwehrt wird. Das bedeutet aber nur, anderen einen permanenten Erfahrungsvorsprung zu geben. Passiert das bspw. Unternehmen, machen diese das meist mit Geld wett – oder verlieren eben mitunter rasend schnell ihre Marktmacht an die neue Konkurrenz, bis hin zur Insolvenz. Da Politik ohnehin kaum Geld hat, sollte schnell erkannt werden, wie dringend der Handlungsbedarf ist.
     
  • Ebenso gilt es zu klären, wer überhaupt beeinflusst werden kann. Möge man sich noch so lange aufregen: Was sich nicht ändern lässt, muss akzeptiert werden. Bspw. ist es nicht erfolgreich, wie Politik aktuell in den sozialen Medien größtenteils zu erleben ist. Ihnen fernzubleiben ist aber eben auch keine Option. Es wird daher vielmehr wichtig sein, dass eine digitalisierte Kommunikation mit Wählenden, die heute lange vor dem Infostand oder Plakat stattfindet, dies erkennt und danach handelt. Aktuell sind 99% der politisch Aktiven frustriert über mangelnden Erfolg bei einer gleichzeitigen hohen Arbeitsbelastung.
  • Zudem ist auch wichtig, wie überhaupt beeinflusst werden kann. Die Mitarbeitenden etwa einer Fraktion mögen noch mit Anweisungen zu steuern sein. Aber was ist mit dem freien Mandat? Was ist mit ehrenamtlichen Mitgliedern und Sympathisierenden? Ausgehend von den am wenigsten zu steuernden Mitstreitenden müssen sich Prozesse und Strukturen realistisch an das Machbare anpassen. Nur dann hat es auch Aussicht auf Erfolg.


Digitalisierung braucht Regeln, etwa bei der Verwendung der Cloud, der Nutzung von Messenger-Diensten oder auch der Verteilung von Aufgaben wie Anfragen, Zuarbeiten und Beschlüssen. Genau an jenen Stellen also, wo aktuell vieles analog stattfindet. Hier müssen Prozesse, die zusammenführen, abnehmen und erinnern, eingeführt werden. Dies gilt es als aller erstes einzurichten.

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Hierarchien: 3 konkrete Beispiele


Diese Prozesse sind vor allem entlang einer klaren Hierarchie zu gestalten. Es braucht Zuständigkeiten, Ansprechpersonen und klare Wege zur Entscheidungsfindung. Schauen wir uns dazu drei Beispiele an:


  • Cloud: Bei der Einführung der Cloud stellt sich, wie zuvor bei analogen Dateien, die Frage der Zuständigkeit, aber eben auch der Verwaltung. Wer erarbeitet die Grundstruktur, wer pflegt sie? Wer sorgt dafür, dass sie weitestgehend eingehalten wird? Wer darf welche Information bekommen, etwa bezüglich des Datenschutzes, aber auch politisch gewollt? Wer darf darüber entscheiden? Hier braucht es Absprachen, aber auch einen Weg zu den Absprachen mit allen, die miteinbezogen werden müssen und werden sollen.
     
  • Messenger und Anfragen: Es gibt viele Tools, die einem enorm viel Zeit abnehmen können, Anfragen klug zu verteilen, Informationen über Externe für alle aufzubereiten oder auch schnell Absprache zu treffen. Nur: Irgendwann muss sich auf einen Weg geeinigt werden. Bevor wir uns für das Digitalisierungsprodukt der Wahl entschieden wird, braucht es aber das gemeinsame Verständnis, was erreicht werden soll, wer für was dabei zuständig ist und wie es gepflegt werden kann.
     
  • Notfall: Natürlich bedeutet Digitalisierung auch, dass Fehler passieren können oder Vorfälle entstehen. Wie reagieren wir im Falle eines versuchten Datendiebstahls? Wie wollen wir mit Hassrede auf dem Instagram-Profil umgehen? Wer kann helfen, wenn das Projektmanagement-Tool nicht wie gewünscht funktioniert? Auch bei Notfällen müssen Entscheidungen getroffen werden und in der Politik eignet sich, wenn dafür die nötige Legitimierung vorliegt.



Denn im Unterschied zur Wirtschaft ist die Politik oftmals sehr viel mehr auf Mitsprache bis zum bereits angesprochenen freien Mandat ausgerichtet. Zudem möchte sie für viele offen und einladend sein, sich demokratisch zu beteiligen. Deswegen muss sie die ihr zur Verfügung stehenden Mittel wie Satzungen, Beschlüsse und Posten auch als Mittel der Digitalisierung einsetzen.

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Digitalisierung ist eine zeitliche Abfolge


Der Weg zur digitalisierten Politik muss daher berücksichtigen, dass es viele mitzunehmen gilt. Das fängt bei Gremien an, geht aber auch bis zur Bereitschaft der Aktiven. Machen wir uns nichts vor: Es geht auch um das Austarieren dessen, was a) jetzt einfach kommen muss, b) kommen darf aber auch c) nicht stattfinden soll. Gerade Bedenken sollten gehört werden. Aber auch nachvollzogen und, wo möglich, entkräftet. Es ist ja nicht so, dass Politik der einzige Ort ist, wo schlechte Erfahrungen mit der Digitalisierung gemacht wurden. Der Dialog um Ursachen und Lösungen kann viel einordnen.


Dieser Prozess, der, wie gezeigt, auch versteht, mit Hierarchien umzugehen, braucht demnach eine Zeitachse. Auch das entspannt zudem mitunter diejenigen, welche noch Fragen oder Ängste haben. Eine derartige Zeitachse kann grob wie folgt zusammengefasst werden:


  • 3-6 Monate: Wie wollen wir miteinander arbeiten?
    In dieser ersten Phase wird alles besprochen, was sich unbedingt ändern muss, nicht vorkommen soll, erreicht werden kann, etc. Das passiert zunächst rein entlang von Abläufen und Prozessen, erst dann geht es etwa um die konkrete Software oder Geräte. Dazu wird auch geprüft: Wo wollen wir uns noch Informationen einholen. Natürlich empfehlen wir an dieser Stelle unsere kostenfreien PolisiN-Workshops zu allen großen Fragen der Digitalisierung.
     
  • 3-6 Monate: Beschlüsse, Absprachen, Verantwortlichkeiten?
    In der darauf folgenden zweiten Phase werden alle strukturellen und personellen Veränderungen oder Anpassungen besprochen, beschlossen und umgesetzt. Die Sicherheit, hier Klarheit zu haben und im Zweifel auch steuern zu können sowie gleichzeitig die politischen Regeln einzuhalten, wird den Unterschied zum Gelingen machen.
     
  • 6-12 Monate: Umsetzung und Evaluierung
    Auch die vermeidlich letzte Phase der Umsetzung und anschließenden Evaluierung wird noch viele Überraschungen und Fragen mit sich bringen. Wichtig ist, dass nicht alles auf einmal passiert, sondern eine schrittweise Einführung und Umsetzung erfolgt. Hier immer wieder das Gespräch zu suchen und auch Lösungen zu entwickeln, damit die Motivation hoch bleibt, ist elementarer Bestandteil der Digitalisierung.


Vielleicht mag das jetzt überraschen: Ja, wir sehen hier durchaus einen Prozess, der bis zu zwei Jahren dauern kann. Jetzt gründlich und grundsätzlich heranzugehen ist aber ungemein wichtig. Wir wollen mit der Perspektive vor allem unterstreichen, dass es a) möglich ist, alles in seiner nötigen Tiefe zu besprechen und zu beschließen, sowie b) alle mit der nötigen Ruhe und offenem Ohr mitzunehmen.


Zudem können wir garantieren: Es lohnt sich. Politik kann vieles, was in den letzten Jahren schlechter läuft, aufholen: Besser erklären und mitnehmen, Hintergründe und Entscheidungen transparenter machen, Meinungen und Mehrheiten gründlich erfassen sowie Lösungen entsprechend aufbereiten. Damit einhergehend steht der Erfolg. Nicht nur am Wahltag (das hat bekanntlich noch andere Einflüsse), aber auch für Aktive in ihrem Engagement. Es motiviert und führt Menschen (wieder) zum demokratischen Prozess.


Aus unserer Sicht lässt sich noch ergänzen: Eine digitale Politik ist auch eine Politik mit deutlich mehr IT-Sicherheit. Hier sind wir in der Lage, Kontensicherheit sicherzustellen, in dem wir in die Prozesse so einfache Lösungen wie den Passwortmanager integrieren. Daten in der Cloud sind oftmals zudem viel sicherer als auf der lokalen Festplatte. Und auch durch besprochene Notfallpläne sowie Schulungen ist das nötige Bewusstsein im Team.


Genau jetzt ist das Fenster, fit für das Wissenszeitalter zu sein und alle nötigen Erfahrungen zu machen. Damit sichern wir nicht zuletzt schlichtweg die Handlungsfähigkeit unserer Demokratie, ohne im Chaos und Krach unterzugehen.

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